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Gar nicht so einfach: „Heimat“

Gar nicht so einfach: „Heimat“

Seit sechs Jahren gibt es nun dieses Regional-Portal. Zeit, einmal kurz innezuhalten und zu reflektieren, wie „einfach“ unser Name ist,  der regionale Verbundenheit ausdrückt. Wir haben dafür bislang sowohl Zuspruch als auch Kritik erfahren. Offenbar ist „Heimat“ ein Begriff, der widersprüchliche Vorstellungen hervorruft.

 

Heimat: Unwort oder Sehnsuchtsort?

Der Begriff „Heimat“ wird heute für alles Mögliche und Unmögliche verwendet, benutzt und missbraucht. Als ein Marketing-Reizwort, um touristischen Schnickschnack zu verticken oder: zunehmend auch als ein Kampfbegriff, hinter dem sich die extreme Rechte versammelt und Heimat für ausgrenzende Propaganda nutzt. Was ist los mit dem „H-Wort“*? Ist es tatsächlich so „kontaminiert“ und verbrannt, dass wir es besser preisgeben und nicht weiter verwenden sollten?

*Jacob Augstein, Katrin Göring-Eckardt: Sie hat Heimat gesagt, Spiegel online, 9. Okt. 2017

 

„Leider ist die Heimat zur Fremde dir geworden.“
Schiller: Tell 2,1

In einem Satz wie: „Die Heimat des Stierkäfers ist die Heide“, scheint der Begriff Heimat ganz simpel. Er bezeichnet einfach einen Lebensraum, in dem sich das „Insekt des Jahres“ wohlfühlt, weil es den Lebensbedürfnissen der Mistkäferart entspricht. Er ist dort „beheimatet“. Doch so simpel ist es mit der Heimat nicht. Denn Heimat kann so viel mehr sein – ein wonniges Gefühl, ein angenehmer Geruch, eine schöne Erinnerung, in der man gerne schwelgt, ein Stück Kindheit. Und auf der Kehrseite ist der Heimat-Begriff historisch schwer belastet: Von Beginn an ist die Heimatbewegung „kontaminiert“ mit völkisch-nationalem Denken. Auf dem Tiefpunkt verkommt „Heimat“ zu einem Schlüsselwort der Nazi-Propaganda.

Sollte man also das „H-Wort“ nicht mehr verwenden und lieber „heimatlos“ sein?

  

Um Worte streiten!

Der Streit um Worte wird umgangssprachlich zwar gern als ein unsinniger abgetan, aber da wir in Worten und Begriffen denken, erscheint es wichtig, genau das zu tun. Eben weil Rechtspopulisten den Begriff „Heimat“ zu kapern versuchen und die absolute Deutungshoheit dafür beanspruchen, sollten wir ihn nicht einfach preisgeben. Denn Heimat bezeichnet etwas, das wir alle haben und nicht missen möchten. Das hat uns der Philosoph Ernst Bloch (siehe Bild) in seinem im amerikanischen Exil geschriebenen Hauptwerk „Prinzip Hoffnung“ aufgezeigt:  Heimat als eine Erinnerung und Hoffnung zugleich – etwas, das allen in die Kindheit scheint, und worin noch niemand war. „Heimat“ wird darin zum Begriff einer erstrebenswerten Utopie

Eine positive Utopie also und ein letztlich sehr menschenfreundlicher Begriff. Letzteres bleibt er selbst dann, wenn wir ihn (anders als Bloch) „nur“ verstehen als den Ort, wo wir zuhause sind, wo wir leben, Geborgenheit, Vertrautheit und auch Stärke durch ein „in-sich-Ruhen“ finden können.

Lektüre-Hörtipp

Wenn Sie mögen und etwas Zeit haben, schauen/hören Sie doch einmal hier rein:

https://www.deutschlandfunk.de/heimat-als-utopie-heimat-der-offene-begriff-100.html

Markus Metz und Georg Seeßlen reflektieren in einem knapp 30-minütigen Radiobeitrag aus dem Jahre 2019 den Begriff Heimat im Sinne Ernst Blochs. Sie untergliedern ihren Radio-Essay in vier Kapitel: 

  • Die Heimat der Kindheit, das Paradies, das Mensch verlassen muss
  • Die Heimat als soziale Praxis, Integration oder Exklusion?
  • Die Heimat der Ökonomie, entfremdet im Reproduktions- und Konsumraum
  • Die Heimat als Bild und Erzählung 

 

Und jetzt zurück zu unserer Plattform „einfach Heimat“:

Fernab von Bullerbü-Idyll oder gar Propaganda-Kalkül legt dieses Regional-Portal den Kunden des OOWV ein einfach nutzbares Service- und Infotainment-Angebot vor. Dazu gehören regionale Sehenswürdigkeiten, Produkte und Wissenswertes rund um das Thema Wasser und Nachhaltigkeit aber ebenso wichtige Fragen der Daseinsvorsorge als Hauptaufgabe eines regionalen Wasserver- und -entsorgers. Das Bereitstellen von Trinkwasser und das Aufbereiten von Schmutz- und Abwässern ist untrennbar mit Problemen des Gewässerschutzes, dem natürlichen Wasserkreislauf und den komplexen Fragen der Ökologie verbunden. So gesehen hat ein kommunales Unternehmen wie der OOWV (und seine Töchter) Tag für Tag an der Anstrengung tüchtig mitzuschaffen: für eine Zukunft, in der alle Wesen, die zum Leben gutes Wasser brauchen, einfach eine Heimat haben können.

 

Bildnachweise:

Bild Ernst Bloch: Bundesarchiv Bild 183-27348-0008, Berlin, Ernst Bloch auf Begegnung der Geistesschaffenden, 6. November 1954, wikimedia

 

einfach Heimat

...alles Gute aus dem Nordwesten!

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